Der neue Standort der Firma Holzbau Schmäh ermöglicht eine wesentliche Vergrößerung ihrer Produktionsräume und eine Standortverlegung innerhalb der Stadt Meersburg. Neben einer Fertigungshalle mit 1200 m2 besteht das Gebäudeensemble aus einem fünfgeschossiges Gebäude mit Planungsbüros und Mitarbeiterwohnungen für 10 Mitarbeiter.
Die Baumassen der Gebäude folgen dem Höhenverlauf des Hanggrundstücks, so dass der Eingriff in die Topographie und die Verwendung von Beton für Sützwände und Fundamente auf ein Minimum reduziert ist. Die Berücksichtigung und räumliche Nutzung des Geländeverlaufs ermöglicht Freibreiche und Erschliessungen auf unterschiedlichen Niveaus sowie vielfältige Blickbeziehungen zwischen Planungsbüro und Produktionshalle.
Gewerbebauten werden oft nach rein pragmatischen und finanziellen Gesichtspunkten entworfen und umgesetzt. Im Gegensatz dazu sucht der Entwurf nach einer angemessenen architektonischen Antwort für einen anspruchsvollen Ort und eine handwerkliche Ausführung, die dem Anspruch der Fa. Schmäh an ihre Arbeit gerecht wird. Leitbild war dabei die „Davos Declaration“, in der die europäischen Kulturminister die Wichtigkeit hoher Baukultur auch für Gewerbebauten aufzeigen:
„Hohe Baukultur verstärkt unsere Verbundenheit mit dem Ort. Sie ermöglicht der Bevölkerung die Identifikation mit ihrem Umfeld, fördert eine inklusive und solidarische Gesellschaft, wirkt Diskriminierung und Radikalisierung entgegen und unterstützt Integration und Bürgerbewusstsein. Dies ist nicht nur für Stadtzentren und historische Ortsbilder wichtig, sondern für den gesamten Lebensraum Europas, für suburbane und ländliche Räume, Dörfer, Industriezonen und Infrastrukturen. Kultur ermöglicht und fördert wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit. Sie formt unsere Identität und bestimmt, was wir den nachfolgenden Generationen hinterlassen.“ (Davos Declaration, Deutsche Übersetzung, 22.01.2018)
Der Entwurf versucht nicht nur, die gestellte Bauaufgabe - Abbund- und Fertigungshalle eines Holzbaubetriebs - zu erfüllen, sondern darüber hinaus den aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen des Bauens gerecht zu werden - von ehrgeizigen ökologischen Zielen bei Bau, Betrieb und Rückbau bis hin zu strukturellen Nachhaltigkeitsbetrachtungen wie Nutzungsneutralität, Umnutzbarkeit oder Kreislaufwirtschaft bei der Weiterverwendung von Produktionsabfällen. Die Halle ist als reiner Holzbau konstruiert, der von der Fa. Schmäh weitgehend in Eigenleistung gebaut werden konnte.
Die Breite der Fertigungshalle von 25 Metern wird durch BSH-Träger im Achsenabstand von 1,90 m überspannt, die auf BSH-Stützen aufliegen. In jeder zweiten Sützachse liegt die Kranbahn auf dem tiefen Stützenquerschnitt der Hauptstützen auf, die durch ihre hangseitige Einspannung in die betonierte Hangstützwand gleichzeitig die Queraussteifung der Halle übernehmen. Entlang der hangabwärtigen Südfassade sorgt ein wandartiger Träger aus Brettsperrholz dafür, dass große Fassadenöffnungen und Tore möglich sind. Die Fassade der Halle besteht aus Brettern mit Waldkante, die in der Sägeindustrie als Abfall anfallen und aus den Randabschnitte der Sekundärkonstruktion der Halle bestehen. Damit kann der Biogene Baustoff Holz noch umfangreicher stofflich genutzt werden und somit das Klima aktiv entlasten.
Die Verwendung von Stahlbeton beschränkt sich auf die Hangstützwände im Norden, Osten und Westen sowie auf die Einzelfundamente der südlichen Stützen. Die rund 1.000 m2 der Halle ist ohne Bodenplatte ausgeführt und beschränkt sich auf einen schwimmenden, faserarmierten Estrich, der auf einer Drainageschicht aus Kies bzw. Glasschaumschotter verlegt ist. Im Bereich der Schreinerei wurde statt des Estrichs ein aufgeständerter Fichtendielenboden verlegt, so dass dort bis auf eine dünne Magerbetonschicht keine Zementwerkstoffe verwendet werden mussten. Die Reduzierung der Stahlbetonbauteile auf das absolut notwendige Minimum ist ein wesentlicher Schlüssel dazu, das Gebäudeensemble CO2-positiv zu machen - also mehr CO2 in eigenen Baustoffen einzuspeichern als für die Herstellung konventioneller Baustoffe zu emittieren.
Im ersten Bauabschnitt wurde die Fertigungshalle errichtet. Dort wurden anschliessend die Wand- und Deckenelemente des Büro-/Wohngebäudes gefertigt. Auf Industrieprodukte wurde weitgehend zu Gunsten handwerklicher Fertigung verzichtet, so dass die Wertschöpfung der eigenen Firma und anderen lokalen Handwerksfirmen zu Gute kommt.
Bauherr: Schmäh Immobilien GmbH
Architektur: Klingelhöfer Krötsch Architekten
Tragwerksplanung: Merz Kley Partner
HLS-Planung: IB Schwald
Bauphysik: GSA Körner
Brandschutz: Hofmann Engineering
Lichplanung: Beckert Soanca-Pollak
Holzbau: Holzbau Schmäh
Stahlbetonbau: Georg Reisch GmbH & Co KG
Fotos: Martin Maier und Klingelhöfer Krötsch Architekten